Es geht nur zusammen. Bei den so wichtigen und so herausfordernden Themen wie Wohnungsneubau und bezahlbaren Wohnen kann es keine Alleingänge mehr geben. Politik, Verwaltung, Verbände und die Wohnungswirtschaft können diese Aufgaben nur gemeinsam bewältigen. Deshalb arbeite ich auch aktiv in dem bundesweiten Bündnis bezahlbarer Wohnraum mit. Bündnisse sind im derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Umfeld extrem wichtig. Deshalb begrüße ich grundsätzlich auch, dass sich das Berliner Bündnis „Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ konstituiert und mit einer ausgehandelten Vereinbarung besiegelt hat.
Berlin ist eine wachsende Stadt. Wir müssen dafür sorgen, dass auch die Neuberliner angemessenen Wohnraum vorfinden. Dazu passen die ambitionierten Wohnungsbauziele von 100.000 neuen Wohnungen bis 2026. Um diese Ziele zu erreichen, definiert der Bündnisvertrag Maßnahmen zur Aktivierung von neuen Potenzialen. Verwaltungsprozesse sollen beschleunigt werden. Neue Gesetze und Verordnungen sollen daraufhin geprüft werden, welche Folgen sie für den Wohnungsbau haben. Überwachen soll das eine verantwortliche Kommission. Mehr Transparenz und schnellere Verfahren sind begrüßenswert.
Aber neben dem notwendigen Neubau bietet der Bestand in Berlin außerdem großes Potenzial. Mit den aktuellen Genehmigungsverfahren sind aber Dachausbauten und Nachverdichtungen kaum möglich. Damit verschenken wir dringend benötigte Flächen. Um den Bestand effektiv weiterzuentwickeln, brauchen wir Änderungen im Bauordnungsrecht. Die Verfahren müssen also nicht nur schneller, sondern auch einfacher werden.
Zur leichteren Bildung von Wohneigentum enthält der Bündnisvertrag allerdings keine Maßnahmen. Aus meiner Sicht ist das ein großes Versäumnis. Berlin hat mit 17,4 Prozent mit Abstand die niedrigste Eigentümerquote in ganz Deutschland. Das ist fatal, denn Wohneigentum ist der beste Schutz vor Altersarmut und Mieterhöhungen. Insofern wäre es wichtig, weiterhin die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu ermöglichen. Auch finanzielle Erleichterungen für Käufer würden helfen, die Eigentümerquote zu erhöhen. Anstatt diesen Status quo zu zementieren, sollten wir viel mehr Energie hierauf verwenden.
Zum Schutz der Mieter sieht der Bündnisvertrag eine Härtefallklausel vor: Bei Mieterhöhungen soll die Miete 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens nicht übersteigen. Große private Wohnungsunternehmen verpflichten sich außerdem, bei Wiedervermietungen 30 Prozent der Wohnungen an Haushalte mit Wohnberechtigungsschein zu vergeben. So ist es zumindest überraschend, dass der Mieterverein sich quer stellte und den Vertrag nicht unterzeichnete. Bei einem Bündnis geht es schließlich um Kompromisse und nicht darum, den eigenen Standpunkt um jeden Preis durchzusetzen.
Ihr Jürgen Michael Schick
Präsident des Immobilienverbandes Deutschland IVD / Die Immobilienunternehmer