Eine Geschichte mit vielen Wendungen
Am Rande der im 13. Jahrhundert erstmals erwähnten Altstadt befindet sich das zwischen 1677 und 1682 erbaute Schloss Köpenick. An dieser Stelle ließen die Askanier um 1240 eine Burg errichten und später Kurfürst Joachim II. sein größtes Jagdschloss bauen. Seine beiden ältesten Söhne erbten das Gebäude und der jüngere Friedrich als Thronfolger ließ den Renaissancebau für den Schlossneubau abreißen. Heute ist es das bedeutendste erhaltene Schloss aus der Regentschaft der Hohenzollern in Berlin und Brandenburg.

Architekt des beeindruckenden Bauwerks war Rutger van Langervelt. Auf der Landzunge vis-à-vis der Altstadt erhebt sich der dreigeschossige Bau mit seiner stattlichen Fassade der Dahme zugewandt, während die Spitze der Zunge als Garten angelegt wurde. Mit dieser Ausrichtung des Gebäudes, und zwar deutlich sichtbar für jedes Schiff, das die Dahme hinauf zur Spree in Richtung Berlin fuhr, wurde der royale Machtanspruch der Hohenzollern deutlich. Nicht versteckt hinter Mauern, oder umgeben von hohen Bäumen, sondern direkt an der Uferlinie präsentierte sich der Schlossbau den vorbeiziehenden Schiffen.
Die Fassade zur Wasserseite ist schlicht gehalten und die Symmetrie sorgt für eine gewisse Erhabenheit. Mit einem kräftigen Mansarddach und dem betonten Mittelrisalit machte das Gebäude einen eher wehrhaften Eindruck. Die drei Etagen waren für die damalige Zeit schon eine imposante Demonstration von Macht und Stärke. Es gab wohl unmittelbar an der Dahme einen kleinen Steg und Stufen hinauf zum Schloss jedoch war der Hauptzugang nicht von der Wasserseite aus, sondern von der Hofseite – wenngleich es auch einen Zugang im Souterrain gab. Zur anderen Seite bilden die herausgezogenen Seitenfassaden einen kleinen Hof. Wiederum ist es der Mittelrisalit, der mit seiner üppigen Gestaltung, den mächtigen toskanischen Pilastern und dem Giebelrelief für ein Aha-Erlebnis sorgt. Auch die Fensterachsen mit Dreiecks- und Segmentbogen sind typische Elemente des niederländischen Barocks. Highlight war die Dachterrasse des Schlosses mit wohl hölzerner Balustrade, denn in luftiger Höhe konnte der Weitblick genossen werden. Fast zeitgleich entstand das Potsdamer Stadtschloss mit zwei Etagen jedoch wesentlich aufwendigeren Fassaden und dem Lustgarten an der Havel.
In Köpenick erhielt das Schloss im ersten Erweiterungsschritt einen seitlichen Flügelbau, der den Hof begrenzt und mit seiner 2-geschossigen Erscheinung sich vom Hauptbau abhebt. Leider wurde der linke Flügel nicht mehr realisiert, so dass das Schloss heute unvollendet wirkt. Grund hierfür war der Tod von Elisabeth Henriette von Hessen-Kassel mit nur 22 Jahren im Jahr 1683 und auch der Hausherr, der Große Kurfürst, starb 1688. Für die Erweiterung war der Architekt Johann Arnold Nering engagiert worden. Was Nering jedoch meisterlich gelungen ist, ist die Schlosskirche von 1685 gegenüber dem Schloss. Es entstand ein ganz besonderes Ensemble, dessen Koexistenz die besondere Wirkung ausmacht. Die Kirche erscheint auf den ersten Blick nicht wie ein Gotteshaus, denn die dreiachsige Fassade ist klar gerastert und mit hohen Rundbogenfenstern gegliedert. Darüber ein kräftiges Kranzgesims als Übergang zur geschlossenen Balustrade bzw. Attika auf das das prägnante Dach aus Laterne, Haube und goldener Krone aufsetzt. Es vermischen sich Elemente der italienischen Renaissance mit dem künstlerischen Einfluss des feineren Barocks. Mit dieser Ausgestaltung der hofseitigen Fassade – die den Eindruck vermittelt, als würde es sich um ein Zentralbau handeln – gelang es Nering, die Aufmerksamkeit auf das eher kleine Gebäude zu lenken. Seitlich flankiert ist es jeweils von eher schlichten Wirtschaftsgebäuden.

Die Kirche bot im Innenraum ein Meisterwerk aus hellem Stuck an den Wänden und der Decke und Musik mit seiner Orgel, die bis heute erhalten ist. Die Kanzel ist in Form eines Messkelches gestaltet und oberhalb der Kanzel steht die Marmorbüste von Elisabeth Henriette. Nering schuf einen reinen und zugleich üppigen Innenraum, der für diese Region einmalig ist. Die Kirche wurde am 6. Januar 1685 eingeweiht. Das Bauwerk ist unverändert im Originalzustand erhalten und ein reines Zeugnis damaliger Kunst. Und der Schlosspark, um 1690 als Barockgarten angelegt, ist heute nicht mehr erhalten. Bereits 1804 wurde er unter Friedrich Wilhelm Carl von Schmettau zu einem Landschaftspark umgestaltet. Ein weiterer großer Eingriff fand 1964 statt. Seither ist es eine Parkanlage mit zahlreichen Skulpturen, die mit ihren großen Rasenflächen den Blick aufs Schloss und das Wasser eröffnet. Die imposante Schwarznuss mit einem Stammumfang von ca. 3,65 m ist ein Besuch wert.
Nachdem im Mai 1688 der Große Kurfürst starb und Friedrich Landesherr wurde, geriet das Schloss zunehmend in Vergessenheit. Mit dem Bau des Schloss Charlottenburgs von 1695-1699, welches ab 1701 als königliche Sommerresidenz diente, war Köpenick aus dem Blickwinkel verschwunden. Das Königshaus orientierte sich eher nach Westen. Damals wie heute liegt das Schloss Köpenick wunderschön von Wasser umgeben. Es ist das bedeutendste erhaltene Schloss aus der Hohenzollern-Regentschaft unter dem Großen Kurfürsten und zieht mit dem weitläufigen Schlossgarten, den prachtvollen Innenräumen und Ausstellungen jedes Jahr neue Besucher an.
Dr. Carsten Schmidt