Kaiserdamm 116 / Ecke Witzlebenstraße 1 in Berlin-Charlottenburg

Klassische Architektur im modernen Stadtbild

Architektur_Kaiserdamm_Skizze-Vorentwurf-300x193 Kaiserdamm 116 / Ecke Witzlebenstraße 1 in Berlin-Charlottenburg
Kaiserdamm 116 – Skizze Vorentwurf © Patzschke Architekten

Eckgebäude genießen seit jeher eine Sonderstellung im Stadtbild, sowohl für den Bewohner des Gebäudes als auch für den Flaneur im Straßenraum. Das spitzwinklige Eckgrundstück für einen Neubau befindet sich am Kaiserdamm, einer bereits 1906 angelegten Prachtstraße. Das siebengeschossige Wohngebäude nach dem Entwurf von Patzschke Architekten thematisiert die dreieckige Grundstücksform und formuliert eine markante und symmetrisch gestaltete Blockecke. Das neue Gebäudeensemble wurde in drei nach Farb- und Formensprache leicht unterschiedliche Abschnitte gegliedert, um die Baumasse wohltuend in den städtebaulichen Kontext einzufügen. Durch den Lückenschluss auf einem ehemaligen Tankstellengrundstück wurde ein weiterer wichtiger Beitrag zur Stadtbildreparatur im Sinne einer kritischen Rekonstruktion geleistet.

Architektur_Kaiserdamm_Foyerskizze-300x209 Kaiserdamm 116 / Ecke Witzlebenstraße 1 in Berlin-Charlottenburg
Foyerskizze © Patzschke Architekten

Der Name Patzschke steht bekanntermaßen für eine klassisch-traditionelle Architekturauffassung. Die streng gegliederte und nach klassischen Prinzipien entworfene Fassade ist symmetrisch aufgebaut und durch Vor- und Rücksprünge plastisch gegliedert. Das, was Jahrhunderte lang selbstverständlich war, die Hierarchie und Zonierung des Äußeren, wurde hier stilsicher umgesetzt: Haupt- und Nebenfassaden, Sockelzone, Regelgeschosse, markanter Dachabschluss. Das oberste Geschoss musste als zurückgesetztes Staffelgeschoss geplant werden. Die Blockecke wurde mit einer turmartigen Überhöhung akzentuiert.

Die hellen Fassaden wurden in Putz ausgeführt und durch feine Gurtgesimse, profilierte Fensterfaschen und Pilaster gegliedert. Die beiden unteren Geschosse wurden zu einer Sockelzone zusammengefasst und von einem Natursteinsockel zum Gelände hin abgesetzt. Die Detailaufnahmen verdeutlichen die zeitgemäße Interpretation traditioneller Formen: Die Profilierungen sind kantig und streng, schnörkellos und modern im Detail.

Architektur_Kaiserdamm_Innenhof Kaiserdamm 116 / Ecke Witzlebenstraße 1 in Berlin-Charlottenburg
Innenhof © loeffelhardt

Die 82 Wohnungen verfügen über eine konventionelle Raumaufteilung mit hohen, meist französischen Fenstern. Die einzelnen Wohnungsgrößen der 2- bis 5- Zimmer Wohnungen variieren zwischen 33 m² und 155 m². Die Erschließung erfolgt über drei repräsentative Eingangsbereiche. Das Gebäude hält Innen, was es von außen verspricht. Der klassischen Ästhetik folgend, wurde auch die Innenarchitektur der Foyers stilgerecht konzipiert: Mehrfarbige Natursteinböden, holzvertäfelte Wandfelder und angenehme Leuchten wecken Erinnerungen an elegante Stadtresidenzen früherer Zeiten. Das neue Gebäude erhielt auch eine Tiefgarage, welche über zwei Autoaufzüge erschlossen wird. Die 39 Stellplätze befinden sich auf einem modernen Parksystem. Der gemütliche Innenhof wird gemeinschaftlich genutzt.

Die Architektur des Büros Patzschke, das auch das 1998 neu errichtete Hotel Adlon entwarf, galt lange als umstritten; heute betrachtet man sie dagegen als stilprägend. Vieles, was seitdem ganz selbstverständlich erscheint, wie z.B. der Stadtschlossaufbau, war vorher undenkbar und ist nun denkbar geworden. Über hundert Gebäude hat das Büro in den letzten fünf Jahrzehnten in Berlin gebaut. Diese prägen durch klassische Bezüge mit dezenter Selbstverständlichkeit das Berliner Stadtbild und heben sich bewusst ab vom teils willkürlichen Neuheitenzwang moderner Fassadenplanungen.

Michael Mohn

 

Architektur_Kaiserdamm_Dachterrasse-300x200 Kaiserdamm 116 / Ecke Witzlebenstraße 1 in Berlin-Charlottenburg
Dachterrasse © loeffelhardt
Bauherr Interprojekt Gruppe Deutschland
Fertigstellung    2019
Team Michael Matusiak, Holger Niemann, Jewgeniy Borshchevskiy, Michael Mohn, Jochen Heizmann
BGF 10.500 m²
NF 5.580 m²
BRI 34.680 m³
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